Geschichtlicher Überblick
Die Franzosen kommen
Deutschland wurde nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg in amerikanische, englische, russische und französische Besatzungszonen aufgeteilt. In Baden-Baden kamen französische Truppen als Besatzungsmacht in die Stadt.
1945 wurde Baden-Baden Sitz des Kommandos der 1. französischen Armee und der französischen Militärverwaltung in Deutschland. Zu dieser Zeit wohnten bald mehr Franzosen als deutsche Einwohner in Hotels oder requirierten Wohnungen.
Bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 wurde dann die Militärregierung aufgelöst und 1955 wurde aus der Besatzungsarmee (Troupes d’Occupation en Allemagne) die Forces Françaises en Allemagne kurz FFA (Französischen Streitkräfte in Deutschland). Mein Vater war Mitglied der FFA, allerdings als Zivilperson. Bis zum Ende meines Studiums hatte auch ich als Familienangehörige eines FFA-Mitglieds noch den himmelblauen Ausweis der FFA. Dieser Ausweis galt gleichzeitig als Aufenthaltserlaubnis, doch er konnte nicht den französischen Personalausweis (Carte d’ identité française) ersetzen.
Bau der Cités
In der Schwarzwaldstrasse gab es bereits eine ehemalige deutsche Kaserne in der nun die französischen Truppen untergebracht waren. In ihrer Nähe gab es unmittelbar nach den zweiten Weltkrieg noch große unbebaute Flächen und so sollte ab 1949 verschiedene Siedlungen für die Franzosen entstehen, um die angespannte Wohnungslage in der Stadt zu entschärfen.
Es entstanden zwischen 1952 und 1958 auf über 40 Hektar somit 5 französische Siedlungen oder Cités Cadres kurz Cités genannt: am Stadteingang die Cité Thiérache, die Cité Normandie, die Cité Bretagne und die Cité Paris und im Zentrum die Cité Paradis.
Die Wohnungen in den Cités waren in verschiedenen Größen gebaut, entsprechend dem militär- oder sozialen Rang den man als Mitglied der FFA besaß, und wurden auch entsprechend so zugeteilt. Viele der Viertel hatten sogar ihre eigenen Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Hotels, Schulen. Die Kirche beherbergte sogar 3 Konfessionen: katholisch, evangelisch und jüdisch. Dabei war sie ursprünglich mal als Kino geplant gewesen.
Abzug der Franzosen
Anfang der 90er Jahre, nach Perestroika, Fall der Mauer und der Zusammenführung der beiden deutschen Staaten zogen die ehemaligen Besatzungsmächte ab. In Baden-Baden wurde zuerst die Truppe verkleinert, aus den FFA die FFSA und somit 1993 die Cité Thiérache leer. In die Briegelackerstrasse kamen nun das Notariat und später das Behördenzentrum der Stadt sowie die Caritas.
Die Franzosen zogen endgültig im Juli 1999 ab. Fast 1000 Wohnungen, eine Kaserne, Hotels und Schulen standen plötzlich leer.
Die Cités (außer Thiérache) verkamen zu einer Geisterstadt in der Sicherheitskräfte zum Schutz der Gebäude patrouillierten. Lichtblick war nur die Medien und Event Akademie, die im Gymnasium Lycée Charles de Gaulle enstand und junge Leute auf den neuen Campus und ihrem Internat anzog.
1999 tobte am 2. Weihnachtsfeiertag der Sturm Lothar über die Stadt. So mancher Baum fiel direkt auf die Dächer der Gebäude. Besonders in der Cité Bretagne wurden viele Häuser stark beschädigt.
Aus les Cités entsteht la Cité
Die Stadt Baden-Baden stand vor der schwierigen Aufgabe dieses Gelände in dem einmal 8000 Menschen gelebt, gearbeitet und gelernt hatte umzuwandeln. Für über 56 Millionen Mark erwarb sie im Jahre 2001 dann 750 Wohnungen und die Kaserne. Der Rest verblieb in den Händen des Bundes. Doch wenn auch die Kirche und andere Gebäude noch auf Käufer warten, so sind die Villen schon verkauft und größte Teile der Cité Normandie in Händen von privaten Investoren. Die Wohnungen werden heute renoviert und die Häuser erstrahlen in fröhlichen Farben. Auch einige Firmen haben sich mittlerweile angesiedelt so auch der Klambt-Verlag.
In der Cité Paris sind nun seit Ende 2003 die Bagger am Werk und entlang der Vogesenstrasse werden viele Gebäude abgerissen. Es soll ein komplett neuer Stadtteil entstehen mit kleinen Reihenhäusern und Doppelhäusern. Verantwortlich für die Umwandlung ist die kommunale Entwicklungsgesellschaft Cité Baden-Baden. So wird peu à peu aus den französischen "les cités" eine einzelne deutsche " die Cité".
Auch auf dem ehemaligen Kasernengelände tut sich einiges. Die ehemalige Post beherbergt jetzt ein Antiquitätenzentrum, gleich neben der kleinen Kirche.
Auf Höhe des ehemaligen Economat Normandie entstand ein Kreisverkehr (B500/Zubringer), der auf dem Namen Europaplatz getauft wurde und auf dem Kasernengelände ist der Bau des großen Fachmarktzentrums "Shopping Cité" vollendet.
Aktuelle Bilder des Fachmarktzentrums unter: Webcam der Firma Heitkamp und bei www.shopping-cite.net.
Die Cité Bretagne wurde jetzt abgerissen, darunter die Ecole Bretagne, der Kindergarten und das Hotel Bellone.
Stand November 2006